In dieser Rubrik stellen wir euch Jobs vor, die im Alltag oft unsichtbar bleiben. Das ist im Falle von Cécile* auch gut so, denn sie schreibt die Arbeiten von anderen Studierenden.
Zum Einstieg die Frage, die sich viele stellen: Wie kommt man dazu, sich als Ghostwriterin zu betätigen?
Ich studiere Portugiesisch und Anglistik, bei wechselnden und unregelmäßigen Stundenplänen suche ich deshalb immer nach flexiblen und ungebundenen Nebenjobs. Einmal habe ich auf Facebook eine Anzeige gesehen, wo Texter gesucht wurden. Unter dieser Bezeichnung werden Ghostwriter angeworben. Ich habe also meinen Lebenslauf geschickt und bin im Autorenpool gelandet. Dort kann man sich dann für Projektangebote, die auf das eigene Autorenprofil zugeschnitten sind, bewerben.
Wie läuft so ein Projekt ab?
Sobald ich ein Projekt erhalten habe, stehe ich im e-Mailkontakt mit meinem Kunden und erkundige mich über Deadline, Seitenanzahl, Vorhaben und Format. Die Agentur liefert mir zusätzlich Rechercheinformationen zum Thema. Wenn alles geklärt ist, wird ein Werkvertrag erstellt und ich mache mich an die Arbeit.
Wie lange brauchst du für eine Arbeit und wieviel verdienst du?
Der Preis variiert natürlich stark je nach Seitenanzahl und Schwierigkeitsgrad des Themas. Für eine Arbeit von zehn Seiten habe ich einmal 250 Euro erhalten, ich habe sie innerhalb von zwei Vormittagen geschrieben. Mein bisher größtes Projekt war eine Arbeit über Bauökonomie, bei 50 Seiten habe ich hier 1700 Euro verdient.
Wer sind deine Kund*innen?
Das ist ganz verschieden. Meine Firma, globaltexter, hat zwar ihren Sitz in Singapur, ich habe mich aber auf Texte im deutschsprachigen Raum fokussiert. Meistens schreibe ich Arbeiten auf Deutsch, aber auch auf Englisch. Einmal war eine Erasmusstudentin dabei, die mit dem Verfassen einer deutschen Arbeit überfordert war. Eine andere war schon fertig, am Abend ist ihr Computer abgestürzt und die Arbeit war weg. Eine vorwissenschaftliche Arbeit für einen Schüler über die Tiefen des Meeres habe ich auch schon angefertigt. Im Gegensatz dazu war der Schweizer mit der Arbeit über Bauökonomie vermutlich einfach nur faul. Ich glaube schon, dass der Großteil einfach faul ist. Aber deren Faulheit ist mein Verdienst.
Wie gut muss das Ergebnis sein?
Nach Abschluss einer Arbeit kommt der Qualitätscheck: Der Text wird auf Plagiat und inhaltlich auf Herz und Nieren geprüft. Der Kunde hat dann drei Tage Zeit, mir Feedback zu geben, dem ich noch verpflichtet bin nachzugehen. Danach ist das Projekt abgeschlossen und die Benotung betrifft mich nicht mehr.
Wie sieht’s mit der rechtlichen Situation aus?
Offiziell bin ich ja keine Ghostwriterin. Ich betreibe nur intensive und extensive Recherche, was vollkommen legal ist. (lacht) Das wäre vergleichbar mit einem Studienassistenten an der Uni, der die Texte und Inhalte für einen Dozenten sammelt und recherchiert, die dieser wiederum in seiner Lehrveranstaltung verwendet.
Hat dir das Ghostwriting auch persönlich was gebracht?
Ja, ich bin beim Schreiben viel sicherer geworden und immer in Übung geblieben. Außerdem habe ich vieles gelernt, was ich auf andere Weise niemals erfahren hätte. Einmal habe ich über frühkindliche Erziehung geschrieben und mich dabei auf Theorien eines Philosophen und Pädagogen aus dem 15. Jahrhundert bezogen. Ein anderes Mal habe ich die fünf Säulen des Sufismus in einem iranischen Film analysiert. Außerdem habe ich eine Studie über Geschlechterunterschiede im Studium gemacht, was für mich eine Vorbereitung für meine Bachelorarbeit war. Und ich bin zur Erkenntnis gekommen, dass das Niveau schriftlicher Arbeiten an der Uni Salzburg ganz schön hoch ist. So schnell, wie ich ein Projekt für Kunden anfertige, bin ich beim Verfassen schriftlicher Arbeiten für mein Studium nicht.
* Den lieben Kund*innen zuliebe wurde der Name von der Redaktion geändert.
Dieser Artikel ist von Veronika Ellecosta und erschien zuerst auf Fräulein Flora Salzburg.
In dieser Rubrik stellen wir euch Jobs vor, die im Alltag oft unsichtbar bleiben. Das ist im Falle von Cécile* auch gut so, denn sie schreibt die Arbeiten von anderen Studierenden.
Zum Einstieg die Frage, die sich viele stellen: Wie kommt man dazu, sich als Ghostwriterin zu betätigen?
Ich studiere Portugiesisch und Anglistik, bei wechselnden und unregelmäßigen Stundenplänen suche ich deshalb immer nach flexiblen und ungebundenen Nebenjobs. Einmal habe ich auf Facebook eine Anzeige gesehen, wo Texter gesucht wurden. Unter dieser Bezeichnung werden Ghostwriter angeworben. Ich habe also meinen Lebenslauf geschickt und bin im Autorenpool gelandet. Dort kann man sich dann für Projektangebote, die auf das eigene Autorenprofil zugeschnitten sind, bewerben.
Wie läuft so ein Projekt ab?
Sobald ich ein Projekt erhalten habe, stehe ich im e-Mailkontakt mit meinem Kunden und erkundige mich über Deadline, Seitenanzahl, Vorhaben und Format. Die Agentur liefert mir zusätzlich Rechercheinformationen zum Thema. Wenn alles geklärt ist, wird ein Werkvertrag erstellt und ich mache mich an die Arbeit.
Wie lange brauchst du für eine Arbeit und wieviel verdienst du?
Der Preis variiert natürlich stark je nach Seitenanzahl und Schwierigkeitsgrad des Themas. Für eine Arbeit von zehn Seiten habe ich einmal 250 Euro erhalten, ich habe sie innerhalb von zwei Vormittagen geschrieben. Mein bisher größtes Projekt war eine Arbeit über Bauökonomie, bei 50 Seiten habe ich hier 1700 Euro verdient.
Wer sind deine Kund*innen?
Das ist ganz verschieden. Meine Firma, globaltexter, hat zwar ihren Sitz in Singapur, ich habe mich aber auf Texte im deutschsprachigen Raum fokussiert. Meistens schreibe ich Arbeiten auf Deutsch, aber auch auf Englisch. Einmal war eine Erasmusstudentin dabei, die mit dem Verfassen einer deutschen Arbeit überfordert war. Eine andere war schon fertig, am Abend ist ihr Computer abgestürzt und die Arbeit war weg. Eine vorwissenschaftliche Arbeit für einen Schüler über die Tiefen des Meeres habe ich auch schon angefertigt. Im Gegensatz dazu war der Schweizer mit der Arbeit über Bauökonomie vermutlich einfach nur faul. Ich glaube schon, dass der Großteil einfach faul ist. Aber deren Faulheit ist mein Verdienst.
Wie gut muss das Ergebnis sein?
Nach Abschluss einer Arbeit kommt der Qualitätscheck: Der Text wird auf Plagiat und inhaltlich auf Herz und Nieren geprüft. Der Kunde hat dann drei Tage Zeit, mir Feedback zu geben, dem ich noch verpflichtet bin nachzugehen. Danach ist das Projekt abgeschlossen und die Benotung betrifft mich nicht mehr.
Wie sieht’s mit der rechtlichen Situation aus?
Offiziell bin ich ja keine Ghostwriterin. Ich betreibe nur intensive und extensive Recherche, was vollkommen legal ist. (lacht) Das wäre vergleichbar mit einem Studienassistenten an der Uni, der die Texte und Inhalte für einen Dozenten sammelt und recherchiert, die dieser wiederum in seiner Lehrveranstaltung verwendet.
Hat dir das Ghostwriting auch persönlich was gebracht?
Ja, ich bin beim Schreiben viel sicherer geworden und immer in Übung geblieben. Außerdem habe ich vieles gelernt, was ich auf andere Weise niemals erfahren hätte. Einmal habe ich über frühkindliche Erziehung geschrieben und mich dabei auf Theorien eines Philosophen und Pädagogen aus dem 15. Jahrhundert bezogen. Ein anderes Mal habe ich die fünf Säulen des Sufismus in einem iranischen Film analysiert. Außerdem habe ich eine Studie über Geschlechterunterschiede im Studium gemacht, was für mich eine Vorbereitung für meine Bachelorarbeit war. Und ich bin zur Erkenntnis gekommen, dass das Niveau schriftlicher Arbeiten an der Uni Salzburg ganz schön hoch ist. So schnell, wie ich ein Projekt für Kunden anfertige, bin ich beim Verfassen schriftlicher Arbeiten für mein Studium nicht.
* Den lieben Kund*innen zuliebe wurde der Name von der Redaktion geändert.
Dieser Artikel ist von Veronika Ellecosta und erschien zuerst auf Fräulein Flora Salzburg.