eScooter in Linz Titelbild
Stadtleben

Wir haben eine Woche lang die neuen eScooter in Linz getestet

…und das haben wir daraus gelernt.

Ehschowissen: Seit Anfang März gibt’s eScooter zum Mieten in Linz. Die einen finden die kleinen Elektroroller schrecklich schiach und müssen sich den ganzen Tag lang über unmögliche Abstellorte oder Fahrverhalten ärgern, den anderen ist das herzlich wurscht, weil sie eh schon längst lässig durch die Stahlstadt cruisen. Und wir? Wir waren uns nicht so sicher. Also haben wir es ausprobiert – eine Woche lang, jeden Tag, jede Distanz.

Hinweis: Wir haben die eScooter von TIER getestet – einfach, weil die praktischerweise gleich vor unserer Haustüre stehen. Es gibt in Linz seit Anfang März aber auch noch einen anderen Anbieter, AROLLA. Nur, damit ihr Bescheid wisst!

Mittwoch.

09:50 Uhr, Zuhause – Krankenhaus.
Gleich vorneweg: Dass ich bei meiner ersten Fahrt gleich im Krankenhaus lande, hat nichts mit den eScootern zu tun. Ich will eigentlich zur Nachkontrolle, die App braucht aber für alles erst mal ewig. Irgendwann hat es mein Handy aber auch verstanden, was genau zu tun ist, und ich rolle los.

Nachdem ich das Brems- und Beschleunigungssystem kapiert habe (Fazit: nicht schwer), überhole ich gleich mal einen Polizisten am Gehsteig. Nervös denke ich darüber nach, ob ich überhaupt am Gehsteig fahren darf (Antwort: In Wien ist das geregelt mit einem klaren Nein, in Linz ist man sich irgendwie nicht so sicher. Ich schätze mal, nein, Polizist sagt aber nichts, also fahre ich weiter), noch dazu ohne Helm (Antwort: Das ist jedenfalls erlaubt).

12:00 Uhr, Krankenhaus – Büro.
Ich komme mir vor wie diese Menschen bei Wall-E, die in ihren schwebenden Sesseln durch das Raumschiff fahren und so fett sind, dass sie ihre eigenen Finger nicht einmal mehr bewegen können. Aber irgendwie auch cool, so, wie man da durch die Stadt rollt. Nicht schlecht.

17:00 Uhr, Büro – Pfarrplatz.
Beim dritten Mal hab ich die Handgriffe schon drauf: App raus, Scooter finden, QR-Code einscannen und losfahren. Mittlerweile macht sogar mein Handy in einer angenehmen Geschwindigkeit mit, nur eines hält mich dieses Mal auf: Ein Mann starrt mich an. Ich hasse das im öffentlichen Raum von Unbekannten. Ich starre zurück. „Wie funktioniert das?“, spricht er mich schließlich an und lacht. Wir machen die ganze Abfolge also noch einmal gemeinsam durch, zum Herzeigen. „Gute Fahrt“, wünscht mir der Mann.

17:40 Uhr, Pfarrplatz – Nachhause.
Ich sehe zum ersten Mal eine andere Person mit Roller. Fühle mich verbunden.

Gesamt: 4 Fahrten, 34 Minuten Fahrzeit, 7km, 9,10€

die neuen eScooter in Linz

Donnerstag.

07:50 Uhr, Zuhause – Büro.
Es regnet. Der Roller ist schon watschlnass, bevor ich ihn überhaupt starte. Innerhalb der nächsten paar Sekunden bin ich es auch. Ab Kilometer Eins habe ich das Gefühl, der Daumen fällt mir gleich vom Beschleunigungsknopf ab. Ich komme patschnass und durchgefroren in der Arbeit an.

18:00 Uhr, Büro – Nachhause.
Mein Freund holt mich ab, er mit dem Rad, ich auf dem Roller. Es schüttet in Strömen. „Du schaust aus wie Obi-Wan Kenobi auf einem Speeder Bike“, sagt er. „Wie ein Jedi!“ Als ich daheim ankomme, bin ich völlig durchnässt, dafür glaubt mein Freund, die Macht sei mit mir. Wenigstens etwas.

Gesamt: 2 Fahrten, 19 Minuten Fahrzeit, 5km, 4,85€

Freitag.

09:40 Uhr, Zuhause –  Pfarrplatz.
Ich überlege sehr lange, ob ich beim Bäcker am Weg stehenbleiben soll. Beende ich dann die Fahrt und starte wieder eine neue? Oder lasse ich laufen? Am Ende mache ich Frühstück aus Resten, Quinoa mit Tomaten, und fahre in einem durch. Dass es bei den Scootern auch eine Pausefunktion gibt, da komme ich erst drei Tage später drauf.

13:00 Uhr, Hauptplatz – Nachhause.
Ich sehe keinen Scooter in der Nähe und mein Handy spinnt schon wieder, also laufe ich eine Weile durch die Gegend und suche einen Roller wie Ash ein Pokémon im hohen Gras. Am Pfarrplatz steht einer. Ich mache die App auf. Mein iPhone, der Arsch, fühlt sich wieder einmal von der Welt, dem Barcode-Scanner und der GPS-Funktion völlig überfordert und stürzt dramatisch von 53 auf 0 Prozent Akku. Der Screen bleibt schwarz und lässt sich nicht mehr zum Einschalten bewegen. Ich gehe zu Fuß nach Hause.

„Wir zeichnen gar keine Bewegungsprofile auf — das ist nicht unser Geschäftsmodell. Geschweige denn die Weitergabe in jedweder Form.“

Dort schreibe ich TIER eine E-Mail: Was passiert eigentlich, wenn der Handyakku während der Fahrt leer wird? Und überhaupt, wie wird mit den ganzen Daten der User*innen umgegangen? Die Antwort kommt nur zwei Stunden später: Erstens, sobald der Akku wieder da ist, Customer Service anrufen. Und zweitens, die Datensammlung ist anonymisiert und wird nur zur Verbesserung des Services von TIER verwendet. Später frage ich noch einmal nach – keine abgespeicherten Bewegungsprofile, kein Verkauf der Daten an Dritte? „Wir zeichnen gar keine Bewegungsprofile auf — das ist nicht unser Geschäftsmodell. Geschweige denn die Weitergabe in jedweder Form.“ Okay.

Gesamt: 1 Fahrt, 6 Minuten Fahrzeit, 2km, 1,90€

Samstag.

Draußen nur Regen. Ich habe vom letzten Mal gelernt und bleibe zuhause.

Gesamt: 0 Fahrten

Sonntag.

11:15 Uhr, Zuhause – OK-Platz.
Geilstes Wetter. Ich fahre mit offener Jacke und ohne Handschuhe, die Sonne strahlt mir ins Gesicht. So mag ich das! Seitdem ich gelesen habe, dass die eScooter offiziell als Fahrräder gelten, wie alle elektronischen Fahrzeuge bis 25 km/h, und deshalb auch die Fahrrad-Infrastruktur zu benutzen haben, mache ich das auch. Nur das mit den Handzeichen geben, das ist irgendwie doof. Ich wünsche mir zum ungefähr millionsten Mal, dass der Herr Verkehrsbeauftragte im Rathaus nicht erst darauf wartet, bis mehr Radfahrer*innen in Linz sind, bis er Geld in Radwege steckt, sondern seinen Hausverstand nützt, das einzig Logische macht und genau umgekehrt handelt.

15:00 Uhr, Taubenmarkt – Nachhause.
Alles klar. Ich bin Profi. Das Experiment läuft super. Ich gehe nie wieder zu Fuß.

Gesamt: 2 Fahrten, 15 Minuten Fahrzeit, 4km, 2,20€ (weil eine Fahrt davon eine Freifahrt war – die bekommt man, wenn man die App weiterempfiehlt)

Montag, letzter Tag.

09:00 Uhr, Zuhause – Post – Nachhause.
Bei der Post angekommen, probiere ich endlich diesen „P“-Knopf. P für Parken. Oder Passt. Das Gerät ist im Parkmodus, ich gehe kurz rein und hole mein Paket, düse wieder heim.

09:15 Uhr, Zuhause – Büro.
Es ist schon wieder arschkalt, ich trage mindestens fünfzehn Lagen und wage mich auf den Roller. Am Donauradweg lachen zwei Läuferinnen laut auf, als ich vorbeikomme. Ich weiß nicht, warum, ich schaue schließlich aus wie eine Jedi. Als ich ankomme, sind meine Finger trotz Handschuhe tot und ich verfluche laut den Gegenwind.

Neue eScooter in Linz

15:45 Uhr, Innenstadt – Nachhause.
Also, wenn man neben so einem Rad herfährt, kommt man sich schon langsam vor. Und die Grünphasen der Ampeln erwischen erweist sich beim Geschwindigkeitsmaximum auch als schwierig.

22:15 Uhr, Hessenplatz – Nachhause.
Vor der Tür steht ein Scooter, obwohl auf der Karte schon keine mehr angezeigt werden. Ich probiere ihn zu scannen – dieses Fahrzeug kann momentan nicht gemietet werden. Mist. Ab 22 Uhr ist Schluss. Wir gehen also zu Fuß, meinem Freund wird kalt. Er setzt mich auf sein Rad und beginnt, neben mir her zu joggen. Zum ersten Mal seit einer Woche ist wieder ein Radsattel unter mir. Ich trete, um vorwärts zu kommen – fühlt sich gut an. So praktisch der eScooter als Ergänzung auch ist: Ab morgen fahr‘ ich wieder Rad.

Gesamt: 4 Fahrten, 36 Minuten Fahrzeit, 9km, 9,40€


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Fräulein Flora Linz gönnt sich eine Auszeit

Unsere fleißigen Schreiberlinge sind ja alle freiberulich tätig und derzeit in anderen Projekten schwer involviert. Deshalb macht der Blog hier eine kleine Pause. Aber keine Sorge: Alle Tipps bleiben natürlich online und sobald es weitergeht, geben wir euch Bescheid. In der Zwischenzeit könnt ihr gerne bei Fräulein Flora Salzburg vorbeischauen. Dort steppt der Bär umso mehr.

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