Aus dem Leben

Ich habe mit meinem besten Freund Schluss gemacht

Ein Erfahrungsbericht

Unsere Kolumnistin Mia Goldhirsch erzählt vom Beziehungsleben der Generation Y. Diesmal: „Ich habe mit meinem besten Freund Schluss gemacht“

Vor wenigen Jahren waren wir immer füreinander da, haben uns gegenseitig Aufrisse klargemacht und bei Liebeskummer das Handerl gehalten. Irgendwann war aber klar: Wir waren nur mehr zwei Menschen, die bei ihren seltenen Begegnungen nicht mehr als höfliche Oberflächlichkeiten auszutauschen hatten.

Niemand, der nicht ein kompletter Soziopath ist, beendet einfach so eine langjährige, bedeutende Freundschaft. So war es auch bei mir nicht halb so trocken und abgebrüht, wie ich es gerne erzähle. In Wirklichkeit kostete es einiges an Überwindung, mir einzugestehen, dass unsere Freundschaft nicht mehr so wie früher war. Als Teenager hatten wir uns beim Fortgehen kennengelernt, haben Nächte durchgefeiert, zusammen gelacht, geweint, gekotzt und sind nackt über den Dorfplatz geflitzt. Lange Zeit waren wir einander wie Geschwister gewesen, bis wir zum Studieren in unterschiedliche Städte gezogen sind und uns immer seltener gesehen haben. In unseren neuen Lebensabschnitten wurde der oder die andere vom/von der Hauptdarsteller* in zur Nebenrolle und später zum Gastauftritt degradiert.

Der Kontakt wurde weniger, fast haben wir uns vergessen. Es wurde mühsam, ein Teil seines Lebens zu bleiben und dieses Leben, für das er sich entschieden hatte, gut zu finden. Mein schlechtes Gewissen zwang mich dazu, mir gefälligst Mühe zu geben, diesen damals so wichtigen Menschen in meinem Leben nicht einfach „wegzuwerfen“, nur weil er sich anders als ich entwickelte. Ich konzentrierte mich auf die wenigen verbliebenen Gemeinsamkeiten und rief mir die unzähligen Male ins Gedächtnis, als er ohne zu zögern für mich da gewesen ist, mir seine Schulter zum Ausweinen lieh oder mich zum Lachen brachte. In meinem Kopf war dann für eine Zeit lang wieder alles okay. Doch bei den Wiedersehen zeigte sich immer wieder aufs Neue, dass wir uns nicht mehr so nahe waren wie früher. Beste Freund*innen erkennt man angeblich daran, dass, egal wie viel Zeit vergeht, es beim Wiedersehen immer so ist wie früher.

Würde ich mich mit ihm anfreunden, wenn ich ihn heute erst kennenlernen würde?

Bei uns war es aber kühl, distanziert und fühlte sich fremd an. Mit nichts, was er über sich erzählte, konnte ich etwas anfangen. Schließlich fragte ich mich immer häufiger: Wer ist dieser Mensch eigentlich? Und: Würde ich mich mit ihm anfreunden, wenn ich ihn heute erst kennenlernen würde? Ich musste mir eingestehen, dass die Antwort auf diese Frage „Nein“ war.

Als er mich nach über einem Jahr Kontaktpause mit einer viel zu förmlichen SMS zu seiner Geburtstagsfeier einlud, nahm ich das zum Anlass, um reinen Tisch zu machen. Es stellte sich raus, dass es ihm ähnlich ging. Auch er spürte, dass uns außer „Weißt du noch wie wir …“ nicht mehr viel verband. Gemeinsame Erinnerungen an unsere wilden Jahre kaschierten unsere inhaltsleer gewordene Freundschaft. Wir hatten viel zu lange festgehalten an Versionen von uns selbst, die es nicht mehr gab. Das Beenden von Beziehungen, ob es nun durch ein klärendes Gespräch erfolgt oder durch das schleichende Auslaufenlassen des Kontaktes, muss einen aber nicht traurig machen. Tut es zumindest bei mir nicht.

Es ist Teil des Erwachsenwerdens, Menschen kommen und gehen. Schließlich entwickelt man sich selbst weiter und hat mit 17 ein anderes Leben als mit 30. Wenn Freundschaften dieses Wachstum mitmachen, ist das großartig. Man muss jedoch nicht krampfhaft versuchen, aus Nostalgie oder schlechtem Gewissen eine längst verlorene Beziehung am Leben zu halten. Solange man die gemeinsame Zeit in Ehren hält und mit einem Lächeln zurückblickt, ist doch alles gut, oder?

Dieser Artikel ist zuerst im QWANT. Magazin (Ausgabe 1/2018) erschienen.

Fräulein Flora Linz gönnt sich eine Auszeit

Unsere fleißigen Schreiberlinge sind ja alle freiberulich tätig und derzeit in anderen Projekten schwer involviert. Deshalb macht der Blog hier eine kleine Pause. Aber keine Sorge: Alle Tipps bleiben natürlich online und sobald es weitergeht, geben wir euch Bescheid. In der Zwischenzeit könnt ihr gerne bei Fräulein Flora Salzburg vorbeischauen. Dort steppt der Bär umso mehr.

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