Aus dem Leben

Ich habe ein Hassposting angezeigt

Schluss mit Hetze im Netz.

Es war einer dieser Vormittage, an denen man auf Facebook von einem Beitrag zum anderen scrollt. Und an diesem einen Vormittag staunte ich nicht schlecht über ein Posting, das einer meiner Facebookfreunde geteilt hatte.

Text: Bernhard Kern

Der Zorn stieg mir in den Kopf und ich ärgerte mich über soviel Dummheit. Für mich war dieses Posting reine Lüge, blanker Hass und eindeutige Hetze. Weil ich mehr tun wollte, als mich zu ärgern, ging ich dem Ursprung des Beitrags nach und stieß auf das Facebook Profil eines älteren Mannes. Sein Posting wurde bereits hunderte Male geteilt, die Kommentarfelder waren gefüllt mit hetzerischen Aussagen.

Behauptung schon seit Jahren als Falschmeldung bekannt

Bevor ich allerdings weitergehen und etwas unternehmen wollte, musste ich herausfinden, ob meine Einschätzung richtig war und das Posting Fake News beinhaltete. Ich begann also zu googeln. Schnell führte mich meine Suche auf die international anerkannte Aufklärungsseite über Falschmeldungen und Internetbetrug: www.mimikama.at.

Laut einem Artikel vom Oktober 2018 kursiert die Behauptung inhaltlich bereits seit über drei Jahren auf mehreren sozialen Netzwerken und ist eindeutig als „Ausländerhetze“ einzuordnen. Auch die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse hat dazu schon Stellung genommen. Die Behauptung ist eine Falschmeldung.

Was ist mit der strafrechtlichen Relevanz?

Meine Einschätzung schien also richtig und es handelte sich um ein Hassposting. Dieses nur bei Facebook zu melden, erschien mir zu wenig. Stattdessen stellte ich mir die Frage, ab wann Hasspostings strafrechtlich relevant werden. Bei einer weiteren Internetrecherche stieß ich schnell auf die behördenübergreifende Internetplattform help.gv.at. Hier stand beschrieben, dass ein angriffiges Posting unter gewissen Voraussetzungen den Tatbestand der Verhetzung erfüllt und daher strafbar sein kann – wie im Fall des Hasspostings, das mein Freund geteilt hatte. Zwei Punkte waren dabei von großer Bedeutung. Erstens wurde zu Hass gegen Personen anderer Religion und Herkunft aufgestachelt und zweitens wurde durch das vielfache Weiterteilen eine gewisse Öffentlichkeit erreicht. Das Posting hätte sich eine Anzeige mehr als verdient.

Trotz Klarheit, Zweifel blieben

Trotzdem hatte ich Bedenken, tatsächlich Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Was, wenn meine Einschätzung doch falsch ist? Auch der Gedanke, dass die Polizei Besseres zu tun hat, ließ mich zögern. Ich entschloss mich dazu, einen Mittelweg zu gehen. Anstatt persönlich bei der Polizei vorbeizuschauen, schickte ich eine E-Mail an die nächste Polizeidienststelle.

E-Mail an die Polizei

In dieser E-Mail erläuterte ich meine Einschätzungen kurz, hängte den Link zum Profil an und einen Screenshot des Postings. Zudem bat ich um Information zur generellen Vorgehensweise. Wenige Stunden später kam die Antwort. Ich sollte zu einer Niederschrift vorbeikommen. Dabei würden mir meine Rechte und Pflichten erklärt und ich wäre nun in der Rolle eines Zeugen. Eigentlich genau das, was ich nicht wollte.

Es kam anders als befürchtet

Kurz nach dieser ersten E-Mail, noch bevor ich zurückschreiben konnte, bekam ich eine weitere E-Mail von der Polizei. Darin stand, dass die Vernehmung vorläufig hinfällig sei. Die E-Mail würde an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet und diese würde sich bei mir melden. Seitdem habe ich nichts mehr von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gehört. Grund für dieses Vorgehen könnte sein, dass es sich bei Verhetzung um ein Offizialdelikt handelt. Das heißt, es wird von der Staatsanwaltschaft selbstständig verfolgt. Es braucht an sich keine Anzeige.

Erste Hilfe, um Hasspostings anzuzeigen

Während meiner Recherchen entdeckte ich eine zweite Möglichkeit, um gegen Hasspostings vorzugehen. Die App „BanHate“ der Antidiskriminierungsstelle Steiermark. Hiermit kann man Hasspostings auf strafrechtlich relevante Inhalte prüfen lassen. Ist das tatsächlich der Fall, wird das Posting im nächsten Schritt von der Antidiskriminierungsstelle Steiermark verfolgt. Man muss also nicht selbst eine Anzeige bei der Polizei machen und bleibt anonym.

Kam es nun zu einer Verurteilung?

Nach Rückfrage bei der Polizei habe ich die Antwort bekommen, dass der Sachverhalt von der StA Salzburg an die StA Korneuburg abgetreten wurde. Von der StA Korneuburg wurde das Verfahren (gem. § 35c StAG) eingestellt. Der Grund: Es besteht kein Anfangsverdacht (gem. § 1 abs 3 StPO).

Warum der Fall so beurteilt wurde, ist auch der Antidiskriminierungsstelle Steiermark nicht ganz klar. Laut den dortigen Experten ist das Posting sehr wohl strafrechtlich relevant, da es zu Hass gegen Muslime (gem. § 283 Abs 1 Z 1 2.FiVm. Abs 2 StGB) aufstachelt. Es scheint sich aber bei Hasskriminalität im Internet um ein sehr junges Rechtsgebiet zu handeln. Die Gerichte haben diesbezüglich noch sehr wenig Erfahrung. So vermuteten die Experten weiter.

Mein Fazit – Digitale Zivilcourage zahlt sich aus

Die Bedenken, die ich anfangs hatte, haben sich in Luft aufgelöst. Die Anzeige, die dann ja eigentlich keine war, ging schnell und ohne großen Aufwand. Vor allem die App „BanHate“ ist eine Möglichkeit, um schnell und anonym Hasspostings zur Anzeige zu bringen.

Es ist wichtig, nicht wegzuschauen und eine gewisse „digitale Zivilcourage“ zu zeigen. Hass im Netz darf nicht ungestraft bleiben und ist kein Kavaliersdelikt. Es gibt schon eindeutige Gesetzesgrundlagen dafür. Das müssen die User*innen und scheinbar auch die Staatsanwaltschaften erst noch lernen.

Digitale Zivilcourage: So könnt ihr Recht im Netz geltend machen

1. Melden:
Hasspostings, die in eurer Bubble herumschwirren, sofort bei Facebook melden.

2. Recherchieren,
ob die Postings strafrechtlich relevant sind. Hier gibt es folgende Punkte zu beachten: Wird zum Hass gegen Personen anderer Herkunft oder Religion aufgestachelt? Gibt es eine breite Öffentlichkeit, die dieses Posting gesehen hat?

3. Anzeigen:
Über Antidiskriminierungsstellen oder App „BanHate“ können Hasspostings mühelos und anonym angezeigt werden.


Über den Autor:
Bernhard Kern studiert Kommunikationswissenschaft an der Uni Salzburg und interessiert sich für Zivilcourage im Netz.


Dieser Text ist zuerst in unserem Salzburger QWANT. Magazin (Ausgabe 8) erschienen. Das QWANT. könnt ihr kostenlos abonnieren.

Titelbild: Photo by Yura Fresh on Unsplash

Fräulein Flora Linz gönnt sich eine Auszeit

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