Du hast genug von Avocadobrötchen und morgendlichen Yogaroutinen? Wir haben uns nach Instagram-Accounts umgesehen, denen es sich wirklich zu folgen lohnt!
Wer auf Instagram unterwegs ist, bekommt manchmal das Gefühl, der eigene Feed sei zu einer Dauerwerbesendung für durchtrainierte Ärsche, Schöner Wohnen und Superfood geworden. Dabei hatte vor ein paar Jahren alles so verheißungsvoll angefangen: Wer eine Botschaft verbreiten wollte, brauchte plötzlich keine teuren Druckerpressen mehr, keinen Presseausweis, nicht einmal einen eigenen PC. Es genügte ein Smartphone mit Internetverbindung, schon kommunizierte man mit Millionen von Menschen auf der ganzen Welt – zumindest in der Theorie. Auch in Sachen Gender-Equality entwickelte sich das Fotomedium vielversprechend.
Während die Chefetagen der klassischen Medienhäuser nach wie vor von männlichen Anzugträgern dominiert werden, sind einige der erfolgreichsten User*innen auf Instagram Frauen. Ihre Fotos und Stories werden täglich von hunderttausend Menschen betrachtet. Das haben natürlich auch die Werbeagenturen aller Länder mitbekommen.
Influencer-Relations gehören in der Konsumgüterindustrie längst zum Marketing Mix, versprechen sie doch einen unmittelbaren und authentischen Zugang zu begehrten Zielgruppen. Das lässt man sich gerne etwas kosten: 1.000 Euro für ein Foto mit Produktplatzierung sind eher die untere Grenze, die richtigen Stars der Branche greifen unter 10k gar nicht erst zu Kamera und Handy. Kein Wunder, dass der Traumberuf Influencer*in bei den 14-jährigen den/die Schauspieler* in abgelöst hat.
Anders formuliert: Was, wenn wir der Welt plötzlich alles mitteilen dürfen, uns aber nichts weiter einfällt, als unser Frühstück zu fotografieren?
Doch was nützen die schönsten Utopien vom neuen Grass Roots-Journalismus, wenn jene, die das Mikro – oder in diesem Fall das Handy – in der Hand halten, nichts Gehaltvolles zu sagen haben? Anders formuliert: Was, wenn wir der Welt plötzlich alles mitteilen dürfen, uns aber nichts weiter einfällt, als unser Frühstück zu fotografieren? So verführerisch diese pessimistische Betrachtungsweise auch ist, so unfair ist sie gegenüber den neuen Medienmacher*innen.
Die meisten Influencer* innen posten nicht deshalb Fotos von ihren nackten Beinen, ihrem Essen oder ihrem Sixpack, weil sie daran glauben, dass sie die Welt zu einem besseren Ort machen. Sie haben im Laufe ihrer täglichen Arbeit einfach festgestellt, dass sie für diese Bilder mit Likes belohnt werden, während andere Inhalte in der Gunst der Community abstinken. Also bleiben sie dabei. Sie passen sich an den Geschmack ihres Publikums an und werden dafür mit fetten Marketing-Etats belohnt. Wer würde da schon nein sagen? Nur den wenigsten gelingt es, aus diesem Schema auszubrechen und ihre Mode-, Fitness- oder Beautyaccounts in gehaltvolle Medien zu verwandeln. Viel öfter ist das Gegenteil der Fall und aus einem authentischen Account wird im Laufe der Zeit stromlinienförmiger Einheitsbrei.
Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass es auf Instagram nach wie vor richtig gute Inhalte gibt. Wir finden Satirisches, Gesellschaftspolitisches, Kritisches, Aufrüttelndes und durch und durch Komisches. Diese Accounts aufzuspüren, ist gar nicht so schwer und wer sie einmal gefunden hat, profitiert von der Logik des Algorithmus‘: Verändern wir unser Likeverhalten, verändert sich auch unser Feed. Die Dauerwerbesendung verschwindet nicht, aber sie wird in den Hintergrund gedrängt. Wir können unsere Filterblase zwar nicht verlassen, aber wir können sie unseren Vorlieben anpassen. Alles, was wir tun müssen, ist, unsere Herzen an der richtigen Stelle zu hinterlassen.
Diese spannenden Accounts machen euren Instagram Feed zu einem besseren Ort:
@satiregram
Wer satiregram abonniert, bekommt keine Fotos zu sehen, sondern jede Menge Schreibschrifttexte auf weißem Papier: Dort steht dann zum Beispiel “A picture of me doing one of those jumping-in-the-air shots at the beach during a sunset“, oder “A picture of half my face with some song lyrics in the caption”. Indem er fotografische Klischees benennt, derer wir uns alle schon bedient haben, zeigt der Account, wie austauschbar die meisten Motive sind – auch unsere eigenen!
@magnumphotos
Seit ihrer Gründung im Jahre 1947 hat die wohl berühmteste Fotoagentur der Welt einen Auftrag: Die großen Themen und kleinen Momente der Welt in Bildern einzufangen. Dieser Mission bleibt man auch auf Instagram treu. Zu sehen gibt es Bilder aus dem Archiv und Zeitgenössisches. Wer sich für großartige Reportagefotografie interessiert, der kommt an Magnum nicht vorbei.
@behindthescars_
Die Londoner Fotografin Sophie Mayanne fotografiert für ihr Projekt Behind the Scars ganz normale Menschen mit Narben am Körper und erzählt dazu die Geschichten hinter den Verletzungen. Cool, beeindruckend, berührend.
@baddiewinkle
Unter dem Motto „stealing yo man since 1928“ rockt diese Granny das Internet in bunten Farben. Und wir sehen ihr sehr gerne dabei zu. Die Internet-Omi begeistert nicht nur mit Lebensfreude, sondern auch, weil sie klassische Vorstellungen über die Darstellung alter Menschen mit Schwung in die Tonne tritt.
@ivorprickett
Es liegt in der Natur der Sache, dass viele Berufsfotograf*innen Instagram als Kanal für ihre Arbeit nutzen. Einer von ihnen ist Ivor Prickett, der regelmäßig für die NY Times aus Krisengebieten berichtet. Weltpolitik hautnah!
@amypoehlersmartgirls
Wir alle kennen und lieben Amy Poehler für ihre Darstellung der liebenswürdigen aber immer kämpferischen Beamtin in der Serie Parks & Recreation. Auch im echten Leben ist die Komikerin eine echte Kämpfernatur, die sich vor allem für die Rechte junger Frauen einsetzt. Dabei kommt ihr die Bekanntheit aus Funk und Fernsehen sehr gelegen!
@Wavewirder_
Der Komiker Liam Miscellaneous hat sich auf das Nachstellen von Promi-Fotos spezialisiert. Dabei entstehen Aufnahmen, die den Originalen nicht nur täuschend ähnlich sehen, sondern auch einen satirischen Kommentar auf den Schönheitswahn der Social Media Industrie abgeben.
@miserable_men
Gelangweilte Männer vor Umkleidekabinen, in Warteschlagen, in Einrichtungshäusern. Sie alle hassen ihr Leben und wünschen sich, einfach nur irgendwo anders zu sein. Und wir dürfen ihnen dabei zusehen. Aber bitte keine Schadenfreude!
@negative_juuth
Our own favourite Julia Aichinger bereichert unser Instagram- Leben mit Arbeitsproben und Fotos ihres Künstlerinnenalltags: Immer 100 Prozent authentisch. Da lassen wir uns gerne influencen!
https://www.instagram.com/p/BgA-A_WF6uF/?utm_source=ig_web_copy_link
@everydayclimatechange
Den Klimawandel zu fassen, ist deshalb so schwer, weil er ein abstraktes Phänomen ist. Die sechs Gründer*innen dieses Accounts haben sich zur Aufgabe gemacht, Klimawandelphänomene auf der ganzen Welt sichtbar zu machen. Es entstehen wunderschöne, aber auch beklemmende Bilder, die das Augen Verschließen ein bisschen schwerer machen!
@everydayrefugees
Der preisgekrönte Fotograf Muhammed Muheisen hat diesen Account gegründet, um auf die Situation von Flüchtlingen auf der ganzen Welt aufmerksam zu machen. Ein wichtiges Korrektiv zum öffentlichen Bild, das diese Tage durch die Medien geistert.
https://www.instagram.com/p/Bl2J66jn4FW/?utm_source=ig_web_copy_link
Titelbild: Jerry Kiesewetter on Unsplash
Du hast genug von Avocadobrötchen und morgendlichen Yogaroutinen? Wir haben uns nach Instagram-Accounts umgesehen, denen es sich wirklich zu folgen lohnt!
Wer auf Instagram unterwegs ist, bekommt manchmal das Gefühl, der eigene Feed sei zu einer Dauerwerbesendung für durchtrainierte Ärsche, Schöner Wohnen und Superfood geworden. Dabei hatte vor ein paar Jahren alles so verheißungsvoll angefangen: Wer eine Botschaft verbreiten wollte, brauchte plötzlich keine teuren Druckerpressen mehr, keinen Presseausweis, nicht einmal einen eigenen PC. Es genügte ein Smartphone mit Internetverbindung, schon kommunizierte man mit Millionen von Menschen auf der ganzen Welt – zumindest in der Theorie. Auch in Sachen Gender-Equality entwickelte sich das Fotomedium vielversprechend.
Während die Chefetagen der klassischen Medienhäuser nach wie vor von männlichen Anzugträgern dominiert werden, sind einige der erfolgreichsten User*innen auf Instagram Frauen. Ihre Fotos und Stories werden täglich von hunderttausend Menschen betrachtet. Das haben natürlich auch die Werbeagenturen aller Länder mitbekommen.
Influencer-Relations gehören in der Konsumgüterindustrie längst zum Marketing Mix, versprechen sie doch einen unmittelbaren und authentischen Zugang zu begehrten Zielgruppen. Das lässt man sich gerne etwas kosten: 1.000 Euro für ein Foto mit Produktplatzierung sind eher die untere Grenze, die richtigen Stars der Branche greifen unter 10k gar nicht erst zu Kamera und Handy. Kein Wunder, dass der Traumberuf Influencer*in bei den 14-jährigen den/die Schauspieler* in abgelöst hat.
Doch was nützen die schönsten Utopien vom neuen Grass Roots-Journalismus, wenn jene, die das Mikro – oder in diesem Fall das Handy – in der Hand halten, nichts Gehaltvolles zu sagen haben? Anders formuliert: Was, wenn wir der Welt plötzlich alles mitteilen dürfen, uns aber nichts weiter einfällt, als unser Frühstück zu fotografieren? So verführerisch diese pessimistische Betrachtungsweise auch ist, so unfair ist sie gegenüber den neuen Medienmacher*innen.
Die meisten Influencer* innen posten nicht deshalb Fotos von ihren nackten Beinen, ihrem Essen oder ihrem Sixpack, weil sie daran glauben, dass sie die Welt zu einem besseren Ort machen. Sie haben im Laufe ihrer täglichen Arbeit einfach festgestellt, dass sie für diese Bilder mit Likes belohnt werden, während andere Inhalte in der Gunst der Community abstinken. Also bleiben sie dabei. Sie passen sich an den Geschmack ihres Publikums an und werden dafür mit fetten Marketing-Etats belohnt. Wer würde da schon nein sagen? Nur den wenigsten gelingt es, aus diesem Schema auszubrechen und ihre Mode-, Fitness- oder Beautyaccounts in gehaltvolle Medien zu verwandeln. Viel öfter ist das Gegenteil der Fall und aus einem authentischen Account wird im Laufe der Zeit stromlinienförmiger Einheitsbrei.
Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass es auf Instagram nach wie vor richtig gute Inhalte gibt. Wir finden Satirisches, Gesellschaftspolitisches, Kritisches, Aufrüttelndes und durch und durch Komisches. Diese Accounts aufzuspüren, ist gar nicht so schwer und wer sie einmal gefunden hat, profitiert von der Logik des Algorithmus‘: Verändern wir unser Likeverhalten, verändert sich auch unser Feed. Die Dauerwerbesendung verschwindet nicht, aber sie wird in den Hintergrund gedrängt. Wir können unsere Filterblase zwar nicht verlassen, aber wir können sie unseren Vorlieben anpassen. Alles, was wir tun müssen, ist, unsere Herzen an der richtigen Stelle zu hinterlassen.
Diese spannenden Accounts machen euren Instagram Feed zu einem besseren Ort:
@satiregram
Wer satiregram abonniert, bekommt keine Fotos zu sehen, sondern jede Menge Schreibschrifttexte auf weißem Papier: Dort steht dann zum Beispiel “A picture of me doing one of those jumping-in-the-air shots at the beach during a sunset“, oder “A picture of half my face with some song lyrics in the caption”. Indem er fotografische Klischees benennt, derer wir uns alle schon bedient haben, zeigt der Account, wie austauschbar die meisten Motive sind – auch unsere eigenen!
@magnumphotos
Seit ihrer Gründung im Jahre 1947 hat die wohl berühmteste Fotoagentur der Welt einen Auftrag: Die großen Themen und kleinen Momente der Welt in Bildern einzufangen. Dieser Mission bleibt man auch auf Instagram treu. Zu sehen gibt es Bilder aus dem Archiv und Zeitgenössisches. Wer sich für großartige Reportagefotografie interessiert, der kommt an Magnum nicht vorbei.
@behindthescars_
Die Londoner Fotografin Sophie Mayanne fotografiert für ihr Projekt Behind the Scars ganz normale Menschen mit Narben am Körper und erzählt dazu die Geschichten hinter den Verletzungen. Cool, beeindruckend, berührend.
@baddiewinkle
Unter dem Motto „stealing yo man since 1928“ rockt diese Granny das Internet in bunten Farben. Und wir sehen ihr sehr gerne dabei zu. Die Internet-Omi begeistert nicht nur mit Lebensfreude, sondern auch, weil sie klassische Vorstellungen über die Darstellung alter Menschen mit Schwung in die Tonne tritt.
@ivorprickett
Es liegt in der Natur der Sache, dass viele Berufsfotograf*innen Instagram als Kanal für ihre Arbeit nutzen. Einer von ihnen ist Ivor Prickett, der regelmäßig für die NY Times aus Krisengebieten berichtet. Weltpolitik hautnah!
@amypoehlersmartgirls
Wir alle kennen und lieben Amy Poehler für ihre Darstellung der liebenswürdigen aber immer kämpferischen Beamtin in der Serie Parks & Recreation. Auch im echten Leben ist die Komikerin eine echte Kämpfernatur, die sich vor allem für die Rechte junger Frauen einsetzt. Dabei kommt ihr die Bekanntheit aus Funk und Fernsehen sehr gelegen!
@Wavewirder_
Der Komiker Liam Miscellaneous hat sich auf das Nachstellen von Promi-Fotos spezialisiert. Dabei entstehen Aufnahmen, die den Originalen nicht nur täuschend ähnlich sehen, sondern auch einen satirischen Kommentar auf den Schönheitswahn der Social Media Industrie abgeben.
@miserable_men
Gelangweilte Männer vor Umkleidekabinen, in Warteschlagen, in Einrichtungshäusern. Sie alle hassen ihr Leben und wünschen sich, einfach nur irgendwo anders zu sein. Und wir dürfen ihnen dabei zusehen. Aber bitte keine Schadenfreude!
@negative_juuth
Our own favourite Julia Aichinger bereichert unser Instagram- Leben mit Arbeitsproben und Fotos ihres Künstlerinnenalltags: Immer 100 Prozent authentisch. Da lassen wir uns gerne influencen!
https://www.instagram.com/p/BgA-A_WF6uF/?utm_source=ig_web_copy_link
@everydayclimatechange
Den Klimawandel zu fassen, ist deshalb so schwer, weil er ein abstraktes Phänomen ist. Die sechs Gründer*innen dieses Accounts haben sich zur Aufgabe gemacht, Klimawandelphänomene auf der ganzen Welt sichtbar zu machen. Es entstehen wunderschöne, aber auch beklemmende Bilder, die das Augen Verschließen ein bisschen schwerer machen!
@everydayrefugees
Der preisgekrönte Fotograf Muhammed Muheisen hat diesen Account gegründet, um auf die Situation von Flüchtlingen auf der ganzen Welt aufmerksam zu machen. Ein wichtiges Korrektiv zum öffentlichen Bild, das diese Tage durch die Medien geistert.
https://www.instagram.com/p/Bl2J66jn4FW/?utm_source=ig_web_copy_link
Titelbild: Jerry Kiesewetter on Unsplash